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04.11.2003, 16:43 Uhr

Solar
Posts: 3680
Nutzer
Zitat:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,


für Ihren Vortrag zum Nationalfeiertag bedanke ich mich sehr herzlich. Eine ausgezeichnete Ansprache, wenn ich mir dieses Urteil erlauben darf, wie man sie mit diesem Mut zur Wahrheit und Klarheit in unserem Land nur noch sehr selten hört und liest.

Und auch, wenn sich all diejenigen, die sich dieser Auffassung anschließen oder sie gar laut und deutlich artikulieren, von unserer veröffentlichten Meinung sofort in die rechtsradikale Ecke gestellt werden, können Sie sicher sein, dass Sie mit diesen Gedanken der Mehrheit unseres Volkes eindeutig aus der Seele sprechen.

Ich hoffe, dass Sie sich durch Anwürfe aus dem vorwiegend linken Lager nicht beirren lassen und mutig weiterhin Kurs halten.

Mit einem herzlichen Gruß

bin ich Ihr Reinhard Günzel, Brigadegeneral.


Ende der Karriere des Chefs des Krisensonderkommandos der Bundeswehr.

Man darf Soldaten für Deutschland in Kriegsgebiete und feindliches Feuer schicken; aber man darf sich nicht hinter jemanden stellen, der - vielleicht verbal unglücklich, aber sachlich korrekt - die Wahrheit sagt.

Zitat:
Original von pixl:
Das Problem was hier in deutschland ist nun mal das mangelnde Hintergrundwissen über den Nahost konflikt.


Da gebe ich Dir vollkommen Recht. Nur hilft Dein Posting diesem mangelnden Hintergrundwissen nicht ab.

Die UNO wollte dem jüdischen Volk eine Heimat geben. Das dies diplomatisch nicht ohne sein konnte, ist wohl klar. Als die Araber - denen das Land immerhin gehörte - sich quer stellten, hat Ben-Gurion kurzerhand den Staat Israel ausgerufen, auch ohne UNO-Mandat. Die Kriegserklärung folgte auf dem Fuße, am Ende sind 700.000 Palästinenser Flüchtlinge, und der Staat Israel größer als je von der UNO vorgesehen. Israel verweigert den Flüchtlingen und ihren Nachkommen bis heute die Rückkehr in ihr eigenes Land, während gleichzeitig den Juden in aller Welt die Einreise nach und Einbürgerung in Israel angeboten wird.

Unter anderem kontrolliert Israel die Hälfte von Jerusalem, das die UNO als neutrale Stadt unter internationale Verwaltung stellen wollte.

1956 und 1967 führt Israel Angriffskriege gegen seine Nachbarn, annektiert den Gazastreifen, Westjordanland, Ost-Jerusalem (!), den Sinai. Teile dieses annektierten Territoriums kontrolliert Israel noch heute.

1973 versuchen die arabischen Nachbarstaaten, gegen Israel zurückzuschlagen. Die von den USA aufgerüstete Armee versucht man, mit einem Überraschungsangriff zum höchsten Feiertag Yom Kippur zu überraschen. Israel hält dem Angriff stand.

1981 annektiert Israel die Golanhöhen.

1982 marschiert Israel im Libanon ein, besetzt 35% des Landes und zerstört Beirut.

1985 bombardiert Israel das PLO-Hauptquartier in Tunis.

Die jüngere Geschichte dürfte bekannt sein. Quelle für die obigen Daten ist die Politik-Seite von Spiegel.de - desselben Nachrichtenportals, das momentan heiß über Hohmann herzieht.

Zitat:
Und die anderen arabischen Staaten wie Irak syrien Ägypten.die eigentlich Platz genug haben untätig zusehen und die Palästinenser sich selber überlassen,anstatt ihnen zum Beispiel Land abzutreten.

Und wenn Italien Östereich besetzt, sollen wir den Östereichern Bayern abtreten, statt sie auszurüsten und zu ermuntern, sich ihre Heimat zurückzuholen?

Zitat:
Nur geht es hier um was anderes als das um was den Nazis ging.
Es geht hier um Über-und Zusammenleben und nicht um die rücksichtsichtslose Menschenverachtene Durchsetzung Größenwahnsinniger Ideologien.


Es geht um Annektion von "Lebensraum", um "gottgegebenes Recht an Grund und Boden". Es geht um Stacheldraht und Wachtürme um ein ganzes Volk, um Willkür von Polizei und Militär, um rücksichtslose Vergeltung gegen Familien und Nachbarn von Terroristen (Partisanen).

Ich finde, die Gemeinsamkeiten sind eklatant und kaum zu übersehen.

Zitat:
Man stelle sich vor was hier Deutschalnd passieren würde wenn mehrmals im Monat Deutsche Staatsbürger türkischer Herunft in Städten wie Berlin, München, Hamburg oder Frankfurt hunderte von Unschuldigen Menschen am helligen Tage mit selbstmordanschlägen töten würden.

Zunächst einmal sind es nicht "hunderte", und für jeden Israeli sterben zwei Palästinenser. (Das ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern die Statistik der zweiten Intifada, die begann, als Ariel Sharon es für eine gute Idee hielt, den Tempelberg zu "besuchen".)

Würden wir die Luftwaffe Bomben auf den PKW des Kalifen von Köln werfen lassen, ganz egal wen's sonst noch erwischt? Die Häuser der Familien planieren? Allen Mitbürgern türkischer Herkunft verbieten das Haus zu verlassen, sei es um zur Arbeit zu gehen oder ins Krankenhaus zu fahren?

Und würde uns das die Völkergemeinschaft durchgehen lassen, oder würde man vielmehr sofort gegen die Deutschen, das wiedererstandene Tätervolk, mobil machen?

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04.11.2003, 17:16 Uhr

DrNOP
Posts: 4118
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Zitat:
Original von Solar:
Zitat:
Und die anderen arabischen Staaten wie Irak syrien Ägypten.die eigentlich Platz genug haben untätig zusehen und die Palästinenser sich selber überlassen,anstatt ihnen zum Beispiel Land abzutreten.

Und wenn Italien Östereich besetzt, sollen wir den Östereichern Bayern abtreten, statt sie auszurüsten und zu ermuntern, sich ihre Heimat zurückzuholen?

...oder, in etwas kleinerem Rahmen:
Wenn deine Nachbarfamilie eben nicht mehr das 2. sondern das inzwischen 12. Kind bekommen hat, mußt du ihnen dein Wohnzimmer abtreten.

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04.11.2003, 19:24 Uhr

AC-Pseudo
Posts: 1256
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Wenn man die Berichterstattung auf http://www.heute.t-online.de so anschaut, dann wird es wohl den Kopf von Homann kosten.

Ist ein Musterbeispiel für tendenziöse Berichterstattung, mit einem so verstümmelten Auszug aus der Rede, daß man sich fragen muß, ob man heutzutage noch irgendetwas den Medien abnehmen kann. Ist aber ein prima Beispiel für die politischen Reflexe zu diesem Themenkomplex.

Zum Thema Israel: den ganzen Bockmist haben letztlich die Engländer der Welt eingebrockt. Die wollten die geflüchteten Juden nicht selber haben, sonstjemand auch nicht, da sind sie halt auf den gloreichen Gedanken gekommen, die nach Palestina umzusiedeln, ganz ungeachtet der Tatsache, daß da schon jemand anders wohnte. Die Folgen sind mittlerweile bekannt.

Zum Konflikt gehören natürlich zwei Seiten: der Friedensnobelpreisträger Arafat (welch ein Hohn) ist ja auch nicht gerade ein Friedenslamm und die Israelies versuchen es immer noch mit Stärkedemonstrationen, ungeachtet der Tatsache, daß das seit 50 Jahren schon nicht klappt. Psychologisch sogar verständlich, daß man auf Attentate so reagieren möchte, aber bringen tut das schon lange nichts mehr, erzeugt nur neue Gewalt.


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05.11.2003, 02:34 Uhr

Gonozal
Posts: 778
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Hi Leute,

ich finde es furchtbar, daß der General entlassen wurde.
Soweit ist es in Deutschland gekommen mit der Meinungsfreiheit, welche immer stärker hinter politische Korrektheit zurücktreten muß.
Ich dachte immer, das wäre bei den Amis schlimm.
Aber bei uns ist es kein bischen besser.

Alle bekl... :angry: !

Ich habe den Möllemann nie (besonders) gemocht, der Hohmann kann mir mit seiner ultrachristlichen Haltung im Prinzip auch gestohlen bleiben. Und wer freiwillig sein Lebtag in der Bundeswehr verbringt, noch dazu bei dem KSK endet, der ist bestimmt nicht links.

Aber die Farce, die während des letzten Jahres in Deutschland abgezogen wurde, ist in der Tat der Gipfel!

Und das schlimmste ist: da sind sich die ganzen Politiker einig! Sogar die doch am Rand etwas braune CDU/CSU rudert mit aller Macht zurück.

Ich schäme mich für mein Heimatland! Und nicht nur wegen der Nazis.

Ciao,
Gonozal.
--
Grüsse aus Detroit.

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05.11.2003, 04:25 Uhr

jochen22
Posts: 1139
[Benutzer gesperrt]
Zitat:
Original von Solar:
Wenn man der Meinung ist, das eine Diskussion zu einseitig geführt wird, dann ist es recht üblich, sich einseitig für die Gegenseite der Argumentation auszusprechen.

...du mußt dann auch akzeptieren, daß die Position/Argumentation, die
du schreibst angegriffen wird,auch wenn es nicht deine eigene ist.

Zitat:
Original von Solar:
Das sowas nur selten verstanden wird, merke ich hier regelmäßig. Ich bin ein "x86er-Fan", ein "SPDler", Möllemann ein Antisemit...

...dann solltest du dich vielleicht fragen, ob das auch vielleicht
an dem wie du was schreibst liegt. Oder sind nur alle anderen...

Zitat:
Original von Solar:
Ich persönlich bin auch der Meinung, das die Hauptschuld am Scheitern des Friedensprozesses, der im Oslo-Vertrag völkerrechtlich bindend festgeschrieben wurde, bei Israel liegt. Das als Reaktion auf Attentate erst die Autonomiebehörde in Schutt und Asche gebombt und dann moniert wurde, sie würde ihre Arbeit nicht richtig machen, ist da schon ziemlich perfide.

Ich persönlich hab da keine gefestigte Meinung. Ich sehe nur, daß auf
beiden Seiten Unschuldige sterben. Berichte die aus beiden
Perspektiven an die Sache rangehen enden oft resignierend und ohne
Lösungsvorschlag und ohne eindeutige Schuldzuweisung.

Zitat:
Original von Solar:
Haben die Medien nach dem Anschlag zu Yom Kippur auch berichtet, das der Attentäterin dieses Jahr Mann und Bruder erschossen worden waren, als "mutmaßliche Aktivisten"? Und das sie ihren kranken Vater nicht ins Krankenhaus bringen durfte, weil die israelische Straßenkontrolle sie nicht durchgelassen hat?

Dort ist Krieg. Von Israel wird erwartet, daß sie sich wie ein
Demokratischer Rechtsstaat in Friedenszeiten verhalten.
Wie weit ein auch ein westlicher Staat geht siehst du an Guantanamo Bay.
(Das war jetzt ein Erklärungsversuch und keine Rechtfertigung.)

Zitat:
Original von Solar:
Jetzt habe ich einseitig die Position der Attentäterin bezogen. Das heißt nicht, daß ich Terror für gut befinde. Ich zeige nur die andere, sonst nicht beachtete Seite.

...sonst nicht beachtete Seite würde ich nicht sagen, es ist aber
logisch das es mehr Bildmaterial/Berichte aus israelischer Sicht gibt.



[ Dieser Beitrag wurde von jochen22 am 05.11.2003 editiert. ]

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05.11.2003, 06:17 Uhr

Solar
Posts: 3680
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Zitat:
Original von jochen22:
Dort ist Krieg. Von Israel wird erwartet, daß sie sich wie ein
Demokratischer Rechtsstaat in Friedenszeiten verhalten.
(...)
(Das war jetzt ein Erklärungsversuch und keine Rechtfertigung.)


Wie kann Krieg sein, wenn Israel Palästina als Staat nicht anerkennt?

Wenn Krieg ist, sind - da Palästina keine Armee hat - die Hisbollah, Al-Aksa etc. dann nicht Soldaten (wie sie sich selbst bezeichnen), anstatt Terroristen? Würde damit der Terrorkampf gegen Israel nicht gerechtfertigt?

(England hat mit der 8. Bomberflotte auch im großen Stil Krieg gegen Zivilisten geführt...)

Wenn Krieg ist, warum greift die UNO dann nicht endlich ein?

Antwort: Weil es Israel ist, und dahinter steht die allmächtige USA.

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05.11.2003, 11:01 Uhr

ylf
Posts: 4112
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Zitat:
Original von Solar:
Wenn Krieg ist, warum greift die UNO dann nicht endlich ein?
Antwort: Weil es Israel ist, und dahinter steht die allmächtige USA.

Weil sämtliche Versuche in dieser Richtung durch das Veto der USA blockiert werden.
Da muß sich langsam mal was in der UNO ändern. Es kann nicht sein, daß ein einzelner Staat eine Entscheidung blockieren/kippen kann, auch wenn es ihn eigentlich gar nicht betrifft. Aber auch derartige Versuche scheitern am Veto der USA (und evt. einiger anderer).
Dies ist mit ein Grund für den Hass der Palästinänser auf die USA.

bye, ylf


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08.11.2003, 09:27 Uhr

Solar
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http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2625106_TYP6_THE_NAVSPM1_REF1_BAB,00.html


Endlich macht er den Mund auf und sagt wie's ist. Bei einem General, noch dazu vom KSK, hätte mich ein stillschweigender Rückzug auch arg enttäuscht.

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08.11.2003, 16:53 Uhr

DrNOP
Posts: 4118
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Zitat:
Original von Solar:
Endlich macht er den Mund auf und sagt wie's ist.

Naja, für ihn persönlich ist das sicher das Maximum, was ihn interessiert. Aber für das Thema an sich ist es immer noch etwas schwächlich.
Ich glaub' nicht, daß seine Äußerungen hier nachhaltige Änderungen bringen werden.

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08.11.2003, 17:25 Uhr

Maja
Posts: 15429
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@Solar

Sehr gut! Hoffentlich klagt er tatsächlich und hoffentlich trifft er dann auch noch auf einen sozial intelligenten Richter.

Scheint, als könnte Hohmanns Rede nun doch zum Auslöser einer längst fälligen Diskussion und einer differenzierteren Auseinandersetzung mit dem Thema drittes Reich und dessen Bedeutung für die Gegenwart werden.

Und hoffentlich werden am Ende mehr Menschen in der Lage sein, keine kollektiven Urteile über die Angehörigen eines Volkes, einer Glaubensgemeinschaft oder einer sozialen Schicht mehr zu fällen. Der Begriff Kollektivschuld betrifft alle Nationen und alle Religionen.
Da hat jeder sein ganz spezielles Häufchen Dreck vor der eigenen Tür liegen.

Herrn Spiegel empfehle ich, in der Zwischenzeit die Hohmann Rede endlich mal komplett, aufmerksam und unvoreingenommen zu lesen. Er gehört wie Friedmann zu den Zeitgenossen, die Antisemitismus riechen, sobald eine Person deutschter Staatsbürgschaft das Wort Jude auch nur ausspricht.

Ich bin nicht unbedingt stolz darauf Deutsche zu sein, weil meine Staatsbürgerschaft nicht mein Verdienst ist. Ich bin jedoch auch nicht zwangsläufig Mittäter bei etwas, dass 23 Jahre und länger vor meiner Geburt geschah.

Diese Diskussion ist beliebig erweiterbar.

Auf der anderen Seite ist heute keine Rede mehr von den Nationen, die von Hitler und seinen Machenschaften auch nach Kreigsbeginn 1939 noch kräftig profitierten.

So gibt es z. B. Hinweise darauf, dass Zyklon-B nicht nur in Deutschland, sondern auch in einem Werk in Frankreich hergestellt wurde ( Link 1 ). Ob dieses wohlbekannte "Insektizid" von dort auch an die ausführenden Organe des NS Regimes geliefert wurde, konnte bis heute nicht bewiesen werden.

Der Wirtschafliche Erfolg der deutsch-französischen Gesellschaft Durferrit-Sofumi in dieser Zeit, die während der Besetzung Frankreichs durch Deutschland von der deutschen Degesch AG mit der französichen Firma Ugine zur Herstellung von Insektiziden gegründet worden war, lässt hingegen Spekulationen freien Bahn ( Link 2 ). So wie fast die gesamte französiche Wirtschaftswelt vom NS Regime und dem Krieg profitierte. Und das war bei weitem nicht nur in Frankreich so.

Aus ehemaligen Nutznießern wurde nach dem Sieg der Alliierten Streitkräfte auf wundersame Weise bedauernswerte Opferstaaten. Die Täter sind ausschließlich wir? Hitler-Deuschland hat das alle ganz allein geschafft? Erstaunlich.

Zeit-Leiste des 2WK.

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08.11.2003, 19:09 Uhr

jochen22
Posts: 1139
[Benutzer gesperrt]
@maja,solar

ich bin einfach nur sprachlos und traurig hier sowas von euch zu lesen

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08.11.2003, 19:49 Uhr

Maja
Posts: 15429
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Zitat:
Original von jochen22:
@maja,solar

ich bin einfach nur sprachlos und traurig hier sowas von euch zu lesen


Warum?

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09.11.2003, 12:19 Uhr

DrNOP
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Zitat:
Original von Maja:
Sehr gut! Hoffentlich klagt er tatsächlich und hoffentlich trifft er dann auch noch auf einen sozial intelligenten Richter.

Scheint, als könnte Hohmanns Rede nun doch zum Auslöser einer längst fälligen Diskussion und einer differenzierteren Auseinandersetzung mit dem Thema drittes Reich und dessen Bedeutung für die Gegenwart werden.


Ich halte beides für sehr unwahrscheinlich, weil:

Heute, 12:00 Uhr, ARD - Presseclub.
Da schalt' ich ausnahmsweise um diese Zeit den Fernseher ein und was läuft!? Eine Diskussion über Hohmanns Rede.
Dummerweise sind sich die Diskussionsteilnehmer von vornherein alle einig, der Moderator stellt mit Vorliebe "loaded Questions" (gleich die erste: "Ist Hohmann nach seiner unsäglichen Rede denn ausreichend verurteilt worden?")
Sei sind sich natürlich einig, daß Hohmann _nicht_ ausreichend verurteilt wurde, daß es völlig rechtens war Günzel fristlos zu entlassen und vor allem, daß die Rede von vorn bis hinten antisemitisch ist. Außerdem sind und bleiben die Deutschen das Tätervolk schlechthin, und das muß auch so bleiben .... blabla.

Ein Richter, der Günzel recht geben würde, wäre wohl auch am nächsten Tag arbeitslos.... X(

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09.11.2003, 12:37 Uhr

Maja
Posts: 15429
Nutzer
@DrNOP

Das hab ich auch gesehen. Da gehen mir die niveauvollen Verben aus. Es ist schlicht und ergreifend zum Kotzen. Alle scheißen sich ins Hemd. Meine Hochachtung und Respekt für General a.D. Günzel.

Das traurigste an der ganzen Sache ist; mit diesem Verhalten wird die Saat des echten braunen Sumpfes kräftig gedüngt. Wo Ehrlichkeit nicht sein darf, wo Gerechtigkeit vergewaltigt wird, da suchen sich die Leute andere Ventile. Ich kanns nicht tolerieren, aber ich kanns nachvollziehen. Auch in mir macht sich ohnmächtige Wut breit. Wo dann noch der nötige Intellekt fehlt, fließt dies Kraft schnell in die falschen Kanäle.

Die Deutschen sind DAS Tätervolk und alle anderen sind über jede Schuld wie auch immer erhaben.

Ich breche das mal auf die ziviele Ebene runter: Jedes Opfer einer Straftat genießt fortan Narrenfreiheit?

Ich könnte nur noch heulen..... Vorallem, weil es so verlogen ist. Diese Statements dienen nur der Sicherung des eigenen Jobs und des Macherhalts.

__________________________________________________

Lebe den Tag!

ICQ (Windows): 75661772

http://www.jacobs.privat.t-online.de/ (Letzte Änderung: 03.11.03)

[ Dieser Beitrag wurde von Maja am 09.11.2003 editiert. ]

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10.11.2003, 08:15 Uhr

Solar
Posts: 3680
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Zitat:
Original von Maja:
Zitat:
Original von jochen22:
@maja,solar

ich bin einfach nur sprachlos und traurig hier sowas von euch zu lesen


Warum?


Würde mich allerdings auch interessieren.

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10.11.2003, 08:44 Uhr

AC-Pseudo
Posts: 1256
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Weil die Verurteilung sein muß und jeder, der das nicht tut, automatisch rechtsradikal ist, vielleicht?

Da hat noch jemand die Rede nicht gelesen.

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10.11.2003, 09:30 Uhr

Solar
Posts: 3680
Nutzer
Ich fürchte, die Ironie wird jochen22 entgehen...

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10.11.2003, 10:20 Uhr

Michael_Mann
Posts: 1012
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Hmm,

ich meine doch stark das maja an einen gewissen Rand rutscht. Ich habe nix gegen Leute die zu einem anderen Gott als den christlichen beten, so als Vorbemerkung.

Bröseln wir's mal unsortiert auf:
1. In den USA verhindert eine starke jüdische Lobby (und natürlich das Schielen auf Wählerstimmen der US-Parteien) so mancher UN-Entscheid weil die USA ihr Veto vor diesem Hintergrund einlegen.
2. Ich denke das es nicht unbedingt der Genozid (Leute jüdischen Glaubens waren immer schon gerne weltweit der Fußabtreter für für verfehlte Poltik) Deutschland und damit jeden Deutschen seit 1945 diskreditierte sondern eher die Tatsache das hier eine industriemäßig betriebene Völkervernichtung stattfand, deren Opfer in die Millionen geht. Auch erstreckte sich diese Völkervernichtung auf Zigeuner u.ä. Minderheiten, halt insgesamt so alle Völker die für verfehlte Politik schon immer herhielten.
Zuvor wurden die zur Vernichtung bestimmten Menschen in jeder Hinsicht ausgebeutet und mißbraucht, Haltbarkeitszeit garantierte 9 Monate von der "Einlieferung" der "Ware" bis zu deren "Entsorgung".
Ich denke das ist das, gepaart mit einem Volk, das nie was gemerkt haben will und trotzdem fleißig das Hitler-Regime bis fast zum Ende hin (unter-)stützte, was Deutschland letztendlich nach 1945 diskreditierte.
3. maja, Du hast übersehen das es ein besetztes und ein sog. "freies" Frankreich gab das vollständig vom Deutschen Reich abhängig war.
4. Allerdings habe ich was gegen das ständige Vorkauen von Verbrechen eines Regimes das ich mal nur aus dem Geschichtsbuch kenne. Es scheint sich bis heute eingespielt zu haben das alleine ein Hinweis auf diese Verbrechen bereits ausreichend ist Schuldgefühle zu wecken.
Deutschland ist nunmehr ein demokratischer Staat der sich den Menschenrechten völlig unterworfen hat und diesen auch besonders verpflichtet ist. Das ist nicht nur Makulatur sondern wird auch entsprechend praktiziert.
Das Ausland hat dies auch ziemlich schnell anerkannt und differenziert sehr genau in Hitler-Deutschland und dem demokratischen Deutschland "danach". Nur in Deutschland selbst gibt es um dieses Thema immer noch ein Tabu.
5. Was Hohmann und andere gemacht haben war eine ziemlich undifferenzierte Zahlenaufstellung gepaart mit einem alles in einen Topf werfen. Ich denke das man die industriemäßig betriebene europaweite Menschenvernichtung (wirklich ein Rückfall in die unterste Schublade der Barbarei) des Hitler-Regimes nicht mit anderen Genoziden in einen Topf werfen kann wie es bei Hohmann geschehen ist.
Die Rede-Autoren haben sicherlich auch übersehen das alleine die Glaubenszugehörigkeit noch nicht ausschlaggebend ist, vielmehr ist es der Beruf und die Staatszugehörigkeit. Genauso wie es auch bei Christen, Moslems pp der Fall ist.
Die Formulierungen Hohmanns u.a. lesen sich allerdings damit auch im Sinne einer Rechtfertigung der deutschen Verbrechen.
6. Ich denke man sollte allerdings den Vertretern des jüdischen Glaubens ein gerüttelt Maß an Zurückhaltung abfordern. Der stets hervorgezauberte Hinweis auf Verbrechen die einige Dekaden zurückliegen (einschließlich der daraus resultierenden Sonderrolle) und mittlerweile kaum noch jemand lebt der das bewußt miterlebt hat stoßen heutzutage auf Unverständnis.
Gleichzeitig sollte man auch daran denken das die israelische Politik nicht unbedingt mit den christlichen und jüdischen Vorstellungen in Einklang zu bringen ist, egal wie die Regierungen ihre kriegerischen Auseinandersetzungen rechtfertigen.


Michael


[ Dieser Beitrag wurde von Michael_Mann am 10.11.2003 editiert. ]

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10.11.2003, 11:14 Uhr

Solar
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(Beitrag von Solar gelöscht.)

[ Dieser Beitrag wurde von Solar am 10.11.2003 editiert. ]

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10.11.2003, 13:03 Uhr

Solar
Posts: 3680
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(Beitrag gelöscht.)

Ich muß ehrlich sagen, mir wird das Thema zu heiß. Ändern tut's eh nichts, und bevor man mich jetzt in die rechte Ecke stellt...

[ Dieser Beitrag wurde von Solar am 10.11.2003 editiert. ]

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10.11.2003, 15:31 Uhr

DrNOP
Posts: 4118
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Zitat:
Original von Solar:
Ich muß ehrlich sagen, mir wird das Thema zu heiß. Ändern tut's eh nichts, und bevor man mich jetzt in die rechte Ecke stellt...


Naja ... wenn ich in die rechte Ecke gehöre, nur weil ich sage daß ich nichts mit dem zu tun habe, was in der Generation meines Großvaters passierte, dann steh' ich da vielleicht gut.

Da geht's dann eben so wie beim Amiga: In der Nische bilden sich mehrere kleinere Nischen, bis niemand mehr etwas mit allen anderen zu haben will, weil er für sich alleine eine Nische bildet...

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10.11.2003, 15:33 Uhr

Andreas_Wolf
Posts: 2980
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@ Solar:

Ich habe deine Beiträge gelesen und finde es sehr bedauerlich, daß du dich entschlossen hast, sie zu löschen, drücken sie doch genau das aus, was auch ich zu diesem Thema zu sagen habe. Und ich bin mir sicher, daß dich kein Mensch, der bei Sinnen ist, wegen dieser Beiträge in *irgendeine* Ecke gestellt hätte.

Die gestrige Sendung Sabine Christiansen trieb mir die Wutesröte ins Gesicht in Anbetracht dessen, was die dort Anwesenden - mit Ausnahme von Norman Finkelstein - für einen widersprüchlichen, mit vielerlei Maß messenden Unsinn verzapft haben :-(

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10.11.2003, 19:03 Uhr

Solar
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Nutzer
"Der Vorsitzende der Frankfurter Jüdischen Gemeinde und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, sprach Hohmann das Recht ab, die Interessen des deutschen Volks als Parlamentarier zu vertreten."

Letzteres, falls wirklich so gesagt, wäre ja wohl eine feiste Anmaßung. Hohmann ist ein gewählter Volksvertreter, und ihm - der zwar angezeigt, aber nicht überführt ist - sein Mandat in Abrede zu stellen...

...das wird nur noch übertroffen von der CDU, die sich vor Medien und Zentralrat wegduckt und Hohmann jetzt aus Fraktion und Partei ausschließen will. Soviel zur "wehrhaften Demokratie".

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11.11.2003, 00:03 Uhr

Maja
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@Solar

Schade. Ich schätze deine Beiträge sehr. Nicht nur hier und nicht nur weil wir hier offenbar prinzipiell einer Meinung sind, sondern gernerell, weil du mich oft zum Nachdenken anregst. Das ist wichtig und gut. Denn es hilft mir, den eigenen Horizont zu erweitern.

Zitat:
Original von Michael_Mann:
Hmm,

ich meine doch stark das maja an einen gewissen Rand rutscht. Ich habe nix gegen Leute die zu einem anderen Gott als den christlichen beten, so als Vorbemerkung.


Ich weiß nun nicht, warum du an dem Punkt das Thema Religionszugehörigkeit für so erwähnenswert hälst bzw. an welchem Rand du mich rutschen siehst.

Ich befinde mich nur insofern an einem gewissen Rand, als dass ich mich schlichtweg weigere, mich in diesem Zusammenhang der sicheren und bequemen Meinung anzupassen. Der Rand ist somit die Nutzung meines verfassungsmäßigen Rechtes auf frei Meinungsbildung und der freien Äußerung meiner Meinung.

Ich muss nicht erklären, dass ich i.d.R. wie auch immer anders Gearteten vorurteilsfrei gegenüber stehe. So weit das einem menschlichen Verstand eben möglich ist. Dafür kennt ihr mich hier gut genug. Natürlich bin auch nicht vor Irrwegen gefeiht. In dem Fall fühle ich mich aber nicht auf einem solchen.

Zu 1.: Ich denke nicht, dass die Hohmannrede und die Diskussion darum etwas mit der Stellung der USA zum jüdischen Volk im Allgemeinen und zu Israel im Besonderen zu tun hat.

Zu 2: Richtig. Die Massenvernichtung menschlicher Minderheiten, wohlgemerkt nicht allein Juden, fand im sogenannten Dritten Reich auf einer hoch industrialisierten Ebene unter Einsatz eines immensen Aufwandes an Organisation und Logistik statt. Eine gewaltige Machinerie, die einzig dem Töten von für das Regime unerwünschte Individuen galt.

Gerade das macht die Geschehnisse so einzigartig und in so hohem Maße moralisch verwerflich in der Geschichte der Menschheit. Es gab davor und danach kaum Vergleichbares.

Das ist in jedweder Hinsicht abzulehnen und zu verurteilen, und kein Volk auf dieser Welt darf das je vergessen. Wir in Deutschland schon mal gar nicht. Hohmann streite das in seiner Rede gar nicht ab. Weder verharmlost noch beschönt er die Tatsachen die wir alle kennen.

Aber; wir sind kein Tätervolk, nur weil die Bevölkerung nicht als großes Ganzes gegen den Tyrranen Hitler aufgestanden war. Wer das heute anders sieht, sollte sich fragen, ob er/sie in dieser Zeit selbst genug Zivilcourage gehabt hätte. Jeder Widerspruch gegen das Regime hatte unweigerlich den eigenen Tod zur Folge.

Wir haben heute gut reden zu sagen, "sie" hätten etwas dagegen tun müssen. Wir leben in einer Demokratie mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wer von euch würde hier so offen gegen die von Regierungseite vertretene Meinung argumentieren, wenn dadurch Leib und Leben in Gefahr wären? Ich weiß wirklich nicht, ob ich dabei wäre. Zu meiner Schande muss ich sogar gestehen, dass ich da so meine Zweifel hege.

Zum Volk, das nie was gemerkt haben will: Der Mehrheit der Deutschen wurde bis zum Schluss Glauben gemacht, dass die KZs tatsächlich nur Arbeitslager waren. Wir erinnern uns: Arbeit macht frei stand in schmiedeisernen Lettern über dem Tor jedes dieser Vernichtungslager. In den vom Staat kontrollieren Medien, hauptsächlich den Wochenschauen in den Kinos, wurden diese Lager in einem anderen Licht gezeigt, höchsten mal eines der großen Eingangstore, Vorzeigebarracken und Insassen, die noch gut genährt aussahen, bei der Arbeit auf z. B. Feldern. Von Erziehung zu Fleiß und Anstand war die Rede. Meine Mutter war zu Kriegsende 1945 12 Jahre alt. Sie berichtete mir von Wochenschaubeiträgen in denen die Insassen eines KZs bei der Arbeit auf einem Feld gezeigt wurden; sauber und adrett, wohl genährt und _fröhlich singend_. Es wurdne Menschen gezeigt, denen es ganz offensichtlich gut ging, die froh waren im Lager zu sein. Das war es, was man dem Gro der Deutschen darüber erzählte und zeigte.

Sie mussten es glauben, denn andere Informationsquellen gab es nicht. Zumindest nicht für die breite Masse in Deutschland.

Es gab Widerstandskämpfer. Leider nicht genug. Viele mögen sich selbt bestimmte Fragen gestellt haben. Die Familien meiner Eltern auch. Davon war keiner in der Partei, meine Mutter drückte sich davor zum BDM zu gehen, spielte häufig die Kranke. Dass allein war schon brandgefährlich, weil man sich so verdächtig machte. Doch das Bewusstsein, dass Unrechtes geschieht und gegen ein Regime ankämpfen, das jeden tötet, der anders denkt, sind zwei paar Schuhe. Kein Volk besteht nur aus Helden.

Doch das ist es, was man den Deutschen vorwirft. Schlimmer noch, was wir uns selbst vorwerfen.

Zu 3.: Ich weiß sehr wohl, wie die Situation Frankreichs zu der Zeit war und um die Abhängigkeiten. Umso abhängiger waren die Menschen in Deutschland von Deutschland. Denen aber wirfst du die fleißige Unterstützung des Hitler-Regimes vor. Misst du hier tatsächlich mit zweierlei Maß oder liegt da nur ein Denkfehler vor?

Zu 4.: Richtig. Die Verbrechen eines Regimes, lange vor unserer Geburt. Nicht aber die Verbrechen eines Volkes. Und einzig und allein darum ging es Hohmann in seiner Rede. Die Untaten einzelner Individuen einer Volksgemeinschaft, ganz gleich wie viele es auch waren, machen nicht das ganze Volk zu Tätern.

Vomit wir bei 5. sind: Vor der Tatsache, dass es in der Geschichte der Menschheit kaum Geschehnisse gibt, die mit dem Holocaust vergleichbar sind, halte ich für legitim auf ähnliches zurückzugreifen, wenn man oben erwähnten Sachverhalt deutlich machen will. Organisiertes Töten gab es in allen Epochen der Vergangenheit, vor und nach Pontius Pilatus. Allerdings wohl kaum in dem Umfang und auf die Art und Weise wie Hitler es hat durchführen lassen. Etwas anderes hat auch Hohmann nicht behauptet.

Zitat:
Original von Michael_Mann:
Die Rede-Autoren haben sicherlich auch übersehen das alleine die Glaubenszugehörigkeit noch nicht ausschlaggebend ist, vielmehr ist es der Beruf und die Staatszugehörigkeit. Genauso wie es auch bei Christen, Moslems pp der Fall ist.


Erstens kann ich dir hier nicht ganz folgen. Für was sind Beruf und Staatszugehörigkeit viel mehr ausschlaggebend?

Zweitens haben wir von Pixl gelernt, dass Jude sein bedeutet, zum Volk der Juden zu gehören. Das heißt für mich, die Staatszugehörigkeit ist für einen Juden weniger von Belang. Die Heimat ist Israel, egal wo ein Jude geboren wurde. Pixl möchte mich bitte korrigieren, wenn ich hier falsch interpretiere.

Zitat:
Original von Michael_Mann:
Die Formulierungen Hohmanns u.a. lesen sich allerdings damit auch im Sinne einer Rechtfertigung der deutschen Verbrechen.


Du scheinst die Rede auch nicht ganz gelesen zu haben. Zumindest aber unterschlägst du hier einige entscheidende Passgen:

Zitat:
Zitat aus der umstrittenen Hohmann Rede:
Nicht die braunen Horden, die sich unter den Symbolen des Guten sammeln, machen tiefe Sorgen. Schwere Sorgen macht eine allgegenwärtige Mutzerstörung im nationalen Selbstbewußtsein, die durch Hitlers Nachwirkungen ausgelöst wurde. Das durch ihn veranlaßte Verbrechen der industrialisierten Vernichtung von Menschen, besonders der europäischen Juden, lastet auf der deutschen Geschichte. Die Schuld von Vorfahren an diesem Menschheitsverbrechen hat fast zu einer neuen Selbstdefinition der Deutschen geführt. Trotz der allseitigen Beteuerungen, daß es Kollektivschuld nicht gebe, trotz nuancierter Wortneuschöpfungen wie "Kollektivverantwortung" oder "Kollektivscham": Im Kern bleibt der Vorwurf: die Deutschen sind das "Tätervolk".


Wohlgemerkt. Diese Wortschöpfungen entsprangen Parteien und Medien in Deutschland. Es wird sich viel Mühe gegeben, die Schuld am Kollektiv festzumachen.

Allerdings gibt es rund um uns herum noch genug Länder, in denen nicht wenige Zeitgenossen Deutsche ziemlich schief anschauen.

Und weiter:

Zitat:
Zitat aus der umstrittenen Hohmann Rede:
um jedem Mißverständnis auszuweichen: Mit Ihnen gemeinsam bin ich für Klarheit und Wahrheit. Es soll, darf nicht verschwiegen und beschönigt werden. "Hehle nimmer mit der Wahrheit, bringt sie Leid, nicht bringt sie Reue", sagt der Dichter. Ja, das Unangenehme, das Unglaubliche, das Beschämende an der Wahrheit, das gilt es auszuhalten. Wir Deutschen haben es ausgehalten, wir halten es seit Jahrzehnten aus. Aber bei vielen kommt die Frage auf, ob das Übermaß der Wahrheiten über die verbrecherischen und verhängnisvollen 12 Jahre der NS-Diktatur nicht

a) instrumentalisiert wird und

b) entgegen der volkspädagogischen Erwartung in eine innere Abwehrhaltung umschlagen könnte.


Und noch:

Zitat:
Zitat aus der umstrittenen Hohmann Rede:
Ganz zweifellos steht fest: Das deutsche Volk hat nach den Verbrechen der Hitlerzeit sich in einer einzigartigen, schonungslosen Weise mit diesen beschäftigt, um Vergebung gebeten und im Rahmen des Möglichen eine milliardenschwere Wiedergutmachung geleistet, vor allem gegenüber den Juden. Auf die Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel unter den Führungspersönlichkeiten Adenauer und Ben Gurion darf ich verweisen. Zu der damals vereinbarten Wiedergutmachung bekennt sich die Mehrheit der Deutschen ganz ausdrücklich, wobei Leid und Tod in unermeßlichem Maß nicht ungeschehen gemacht werden kann.


Wo wird da Rechtfertigung indiziert? Die wird höchtens hineininterpretiert.

Auch in einem anderen Punkt dieser Rede bin ich mit Hohmann einer Meinung. Andere Nationen glorifizieren ihre zum Teil nicht weniger blutige, wenn auch nicht derart durchorganisierte und zentralierte Vergangenheit zum Quell des Nationalstolzes. Napoleon z. B. wird als großer Feldherr gern genannt und gefeiert, in zahlreichen mehr oder weniger guten Filmen. (Nein, ich habe nichts gegen Frankreich oder gegen Franzosen.) Alle Welt pfichtet bei und findet das toll.

Deutschland hat sich mit seiner dunklen Vergangenheit schonungsloser Beschäftigt als alle anderen Länder dieser Welt. Mir fällt da noch die USA mit der beinahe Ausrottung der Ureinwohner und Jahrhunderte dauernder Versklavung ganzer Voklsgruppen ein. Wiedergutmachung in großem Stil hat es da nie gegeben. Im Gegenteil. Indianer leben in weiten Teilen der USA heute noch in Reservaten; entmachtet, enteignet der Gebiete ihrer Väter, gedemütigt, diskrimiert. Anderen Minderheiten geht es dort nicht viel besser. Rassismus spielt dort eine weit aus größere Rolle, als hier bei uns. Das kann dir jeder Farbige bestätigen, der mal in den USA gelebt hat. Doch jeder Amerikaner ist stolz im land of the free zu leben.

Nur uns hat die eigene Legislative uns im Laufe der Jahrzehnte dazu gebracht, die Staatsangehörigkeit besser nur hinter vorgehaltener Hand zu nennen. Diese Politik der kollektiven Schuldgefühle hat Auswirkungen bis über unsere Landesgrenzen hinaus. Ich lebe hier in unmittelbarer Nähe zur deutsch-niederländischen Grenze. Geht man in den Niederlanden als Deutscher in eine Gaststätte und wird als Deutscher erkannt, wird schnell klar, sehr viele denken bei Deutsch als Zweites immer noch an Hitler. Besonder weiter im Landesinnern. Mir ist sogar schon passiert, dass Tischnahbarn aufstanden und sich an einen anderen Tisch setzen, als sie merkten, dass ich Deutsche bin.

Ich wurde 1963 geboren! Weder verleugne noch verharmlose ich den Holocaust. Ich verabscheue und veruteile diese Geschehnisse aus tiefstem Herzen. Aber. Wofür soll ich mich schämen?!? Dass meine Großeltern, eine einfache Arbeiterfamilien aus der tiefsten Provinz, zwischen 1933 und 1945 nicht mit einer Bombe im Gepäck nach Berlin gereist ist, um Hitler zu töten? Dass meine Mutter zu Kriegsende 12 Jahre alt und in einem Land, in dem Demonstrationen bei Androhung der Todesstrafe verboten waren, nicht gegen das Regime gekämpft hat, obwohl sie in ihrem tiefste Innern immer gegen Hitler war?

Das hängt mir, und nicht nur mir, zum Hals heraus. Bin ich deshalb rechtsextrem?

Zu 6.:
Und ich rutsche an einen gewissen Rand. ;)

Du sagst in dem Abschnitt nichst anders als Hohmann in seiner Rede. Nur eben mit weniger Worten. Lass das nicht den Zentralrat der Juden hören.

Jude sein heißt nicht, einer Glaubensrichtung anzugehören. Juden sind ein Volk. Das haben wir von Pixl gelernt.

Die aktuelle israelische Politik hat aber mit dem Thread nur in sofern etwas zu tun, als dass hier auch von Möllemanns umstrittenem Flugblatt kurz die Rede war. Was genaus wenig antisemitsich war, wie Hohmanns Rede.


[ Dieser Beitrag wurde von Maja am 11.11.2003 editiert. ]

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11.11.2003, 00:07 Uhr

Maja
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Zitat:
Original von Solar:
"Der Vorsitzende der Frankfurter Jüdischen Gemeinde und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, sprach Hohmann das Recht ab, die Interessen des deutschen Volks als Parlamentarier zu vertreten."

Letzteres, falls wirklich so gesagt, wäre ja wohl eine feiste Anmaßung. Hohmann ist ein gewählter Volksvertreter, und ihm - der zwar angezeigt, aber nicht überführt ist - sein Mandat in Abrede zu stellen...

...das wird nur noch übertroffen von der CDU, die sich vor Medien und Zentralrat wegduckt und Hohmann jetzt aus Fraktion und Partei ausschließen will. Soviel zur "wehrhaften Demokratie".


Dem habe ich nichts hinzu zu fügen. 100% Zustimmung in allen Punkten.

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11.11.2003, 02:53 Uhr

Holger
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Zitat:
Original von Solar:
Zitat:
...
In der Tat lehnen sich gerade jüngere Menschen dagegen auf, für Verfehlungen von Großvätern und Urgroßvätern in Anspruch genommen und mit dem Verdikt "Angehöriger des Tätervolks" belegt zu werden.


Eine Gruppe englischer Gleichaltriger wollte bei einem Spanienurlaub 1991 nicht mit uns reden, "weil ihr Deutsche seid, ihr habt den Krieg angefangen"... das kann einem den ganzen Abend verderben.

Hinter einer pauschalisierten Schuldzuweisung steckt eben ein gewisses System. Wenn die Menschen dabei schon verdrängen, was sie in ihren Geschichtsbüchern nachlesen können (Daß England und Frankreich Deutschland den Krieg erklärt haben, steht auch in offiziellen Geschichtsbüchern), kann man nur erahnen, was für die nicht in den offiziellen Geschichtsbüchern erwähnten Fakten gilt.
Wieviel nichtdeutsche Firmen (wie IBM) am Holocaust verdient haben, zum Beispiel.
Die Kollektivschuldzuweisung an das Deutsche Volk impliziert ja auch die angebliche Unschuld aller anderen, was bestimmt für so manchen damaligen Zeitgenossen eine gewaltige Erleichterung bedeutete (und evtl. immer noch bedeutet).

mfg

--
Good coders do not comment. What was hard to write should be hard to read too.

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12.11.2003, 06:30 Uhr

Solar
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Zitat:
Original von Holger:
Wenn die Menschen dabei schon verdrängen, was sie in ihren Geschichtsbüchern nachlesen können (Daß England und Frankreich Deutschland den Krieg erklärt haben, steht auch in offiziellen Geschichtsbüchern), kann man nur erahnen, was für die nicht in den offiziellen Geschichtsbüchern erwähnten Fakten gilt.


Na, na. Da sind wir allerdings schon wieder auf Glatteis. Deutschland hat sich damals großzügig Territorien einverleibt, auf geschlossene Abmachungen gepfiffen und sich auch sonst wie die diplomatische Axt im Walde benommen. Als man anfing, die Finger nach Polen auszustrecken, hat vor allem England sehr deutlich gemacht, das ein Einmarsch in Polen eine Kriegserklärung zufolge hätte.

Selbstverständlich hat England dann beim Einmarsch Deutschlands in Polen diese Drohung auch wahr gemacht. Die Alternative wäre gewesen, Deutschland bei der "Landnahme im Osten" völlig freie Hand zu lassen, und das wäre ja wohl auch nicht im Sinne des Erfinders, oder?

Auch wenn die Kriegserklärung von Alliierter Seite kam, ist und bleibt Deutschland hauptverantwortlich für diesen Krieg. Das ein entschlosseneres Handeln der Alliierten diesen Spuk früher, schneller, und mit weniger Verlusten auf beiden Seiten hätte beenden können, ist ein anderes Blatt.

Aber zurück zum eigentlichen Thema (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,273582,00.html):


Zitat:
Auf den Fluren der Fraktionsebene hat sich ein CDU-Mitglied mitgeschrieben, was Hohmann unter anderem gesagt hat. "Ich wehre mich gegen den wabernden Vorwurf, dass die Deutschen die Bösen der Geschichte sind." Ein Satz, den die Vorsitzende Merkel vehement entgegentrat, wie Teilnehmer anschließend schilderten.

Aha. Merkel sieht also die Deutschen als "die Bösen der Geschichte". Vielen Dank, Frau Merkel. :-(

Zitat:
Im ZDF hatte Hohmann, nachdem er mehrmals verneint hatte, die Juden in seiner Rede vom 3. Oktober als Tätervolk bezeichnet zu haben, schließlich auf die Frage, ob es klug gewesen sei, die Juden überhaupt in die Nähe des Tätervolks zu rücken, erklärt: "Ich muss zugeben, dass es in unserer bundesrepublikanischen Umwelt ungewöhnlich ist, so etwas zu sagen. Aber auf der anderen Seite ist es die Wahrheit." Dann folgte eine Neuauflage seiner Rede: "Auch in der Geschichte des jüdischen Volkes gibt es dunkle Flecken. Ein solcher Fleck war die Beteiligung des jüdischen Volkes an der bolschewistischen Revolution von 1917; dadurch sind viele Menschen zu Tode gekommen. Das will ich aber nicht als Vorwurf sagen, das sage ich nur als Feststellung." Diese Äußerungen im ZDF seien eine Selbstentblößung, verlautete es aus der Fraktion.

"Selbstentblößung"? Komische Auffassung.

Zitat:
Für Aufregung sorgte die ostdeutsche Vera Lengsfeld. Die frühere DDR-Bürgerrechtlerin, Stasi-Opfer, zeitweise bei den Grünen, erinnerte an Edmund Stoibers Warnung vor einer "durchrassten und durchmischten Gesellschaft". Für diese Bemerkung Anfang 1992 habe Stoiber nicht zurücktreten müssen, meinte sie.

Was? Und da wagen die es, sich über Hohmann auch nur aufzuregen? Ich fasse es nicht...

Zitat:
Lengsfelds Äußerung brachte den CSU-Landesgruppenchef Michael Glos auf. Er verwahrte sich nach Aussagen von Teilnehmern gegen den Angriff, erinnerte daran, dass sich Stoiber für seinen Satz längst entschuldigt habe.

Aha. Für eine echte rassistische Äußerung muß man nicht gehen, wenn man sich nur entschuldigt. Für Fakten muß man gehen, wenn man zu seiner Meinung steht.

Armes Deutschland.

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12.11.2003, 09:20 Uhr

Michael_Mann
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Hi maja,
hi @all

nun dann will ich mal Stellung nehmen:
Ziffer 1 tauchte bei mir nur deshalb auf weil irgendein vorhergehendes Posting dieses Thema mal ansprach und hätte eigentlich einen Sonderpunkt verdient gehabt...
Die Einleitung habe ich wegen Punkt 6 gewählt, da kommt der Zentralrat halt nicht so gut weg.

Zu Ziffer3+:
Ich habe es mal abgekürzt genannt, vielleicht aber zu kurz. Ich sollte noch folgendes hinzufügen:
a. Hitler war der Erste der bewußt Massenmedien entwickelte und auch in seinem Sinne einsetzte um jeden Winkel in Deutschland zu erreichen. Man darf halt nicht vergessen das in der damaligen Zeit die Kommunikations-Strukturen alles andere als entwickelt waren. Vor dem Hintergrund kann man auch z.B. den Volksempfänger (damals sehr billig zu kaufen, man würde heute von staatlich subventionierten Preisen sprechen) sehen.
b. Das Nazi-Regime sprach halt auch irgendwie jeden Deutschen an und sorgte irgendwie für "Abhilfe". Den Arbeitslosen genauso wie den Deutschnationalen, das Militär oder das Kapital. Das die Frage nach dem Preis bei der Masse nicht gestellt wurde dafür sorgte schon eine ausgeklügelte Propaganda. Dann kam noch hinzu das Hitler auf vielem aufbauen konnte (und als eigene Leistung verkaufte) was Politiker der Weimarer Republik bereits erreicht hatten (ich meine z.B. den Locarno-Vertrag). Insofern wäre jemand vermutlich gelyncht worden wenn er auch nur an ein Attentat auf Hitler gedacht hätte.
c. Man darf die damaligen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ebenfalls nicht vergessen. Die Weimarer Republik hatte versagt mangels breiter Akzeptanz, fehlender Publicity (hmpf, die SPD will ja gerade Punkte sammeln...), einer systemimanenten politischen Handlungsunfähigkeit, erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten und, nicht zu vergessen, einem fehlenden Demokratiebewußtsein in den breiten Schichten der Bevölkerung (Deutschland war bis 1945 durchgehend ein Obrigkeitsstaat (nicht aber eine Diktatur) gewesen und der Bürger schlichtweg nur ein Untertan). Für viele war daher Demokratie indiskutabel.
d. Das Nazi-Regime war allgegenwärtig und es war ab den 40er Jahren fast lebensgefährlich dieses Faktum außer Acht zu lassen. Hinzu kam das man ohne Parteibuch nicht sehr weit kam. Wer nicht den völkischen Beobachter abonniert hatte war bei der Gestapo bereits als Volksfeind vorgemerkt. So nebenbei: Den Deutschen wurde eingetrichtert ihr seid das Volk (einschließlich der NSDAP, diese verkörpert durch den "Führer"), wenn sich also jemand gegen das Regime wandte dann wandte er sich auch gleichzeitig gegen das deutsche Volk.
e. Die Deutschen konnten sich ab Kriegsbeginn, der zweifelsohne durch Deutschland ausgelöst wurde, auch kaum noch um die Politik kümmern. Da galt es immer verstärkter das eigene Leben zu schützen. Auch da wurde seitens des Regimes dafür gesorgt das es keinen Unmut gab. Ausgebombte hatten mehr oder minder alles Erdenkliche, gerne auch Mangelware, um mit den Folgen fertig zu werden.
f. Die einzige "Opposition" war die Elite Deutschlands. Meistens stammte diese aus dem Militär, hatte keine gemeinsame Basis und war schlecht organisiert. Sie erreichte also erst garnicht den Otto Normalbürger.

Auf der anderen Seite war allerdings auch die Existenz der KZs bekannt und das dort Dinge geschehen die nicht mit den offiziellen Statements in Einklang zu bringen waren. Auch war bekannt das Juden (und andere Staatszugehörige) plötzlich verschwanden und nicht wieder auftauchten. Zumindest aber die Leute die Juden über das dritte Reich retteten mußten davon etwas gewußt haben. Aber ein in die Öffentlichkeit treten war unmöglich und schlichtweg lebensgefährlich.
Auch wundert es das solche Filmchen wie "Jud Süß", das Machwerk "Mein Kampf" oder Wochenschauberichte über die Kosten von unheilbar Kranken (mit dem Ziel der Euthanasie) überhaupt von der Bevölkerung konsumiert wurden (einen Kino-, Kauf- oder Lese-Zwang gab es nämlich nicht) und auch durchaus Anklang fand. Wenn man nur diesen Aspekt sieht dann kann man schon mal über den Begriff "Tätervolk" (oder besser über eine Kollektivschuld) nachdenken.
Allerdings kommt jetzt die Crux: Die westlichen Alliierten waren in dieser Frage ebenfalls zerstritten. Nach 1945 wurde Deutschland von den Nazi-Folgen gesäubert und den Deutschen ein Demokratie-Verständnis anerzogen. Über die Kollektivschuld befanden im wesentlichen die Deutschen selbst (die Nürnberger Prozesse mal ausgeklammert, die per definitionem ein Kriegsverbrechertribunal waren, vergleichbar mit dem heutigen internationalen Gerichtshof der von den USA nicht anerkannt wird). Es erfolgte auch regelmäßig eine Verurteilung wenn gegen damals bestehende Gesetze verstoßen wurde aber eine Kollektiv-Verurteilung fand nicht statt.

Allerdings muß ich Hohmann widersprechen: Wir Deutsche haben uns nie ums Dritte Reich so gekümmert wie er es schildert (und damit in die Richtung Exculpation geht). Natürlich haben wir finanzielle Wiedergutmachung geleistet aber der Rest wurde totgeschwiegen. Das Tabuisieren war, so denke ich, auch das bequemste Mittel für alle Seiten. Damit konnte eigentlich die Kriegsgeneration gut leben. Nur die stirbt halt aus und die Nachfolgegeneration kann nicht mehr nachvollziehen wie es denn war.
Insofern kann man Hohman alleinig in dieser Frage (kein Tätervolk) durchaus Recht geben.

Was den Zentralrat betrifft: Nun, er sollte mal darüber nachdenken ob die Ewig-Gestrigen in diesem Verein, mit dem steten "alle Deutschen" und dem deutlichen Einmischen in rein staatliche Angelegenheiten, nicht dazu geeignet sind das Geblubbere aus dem braunen Sumpf erst wieder hervorzukochen. Ich denke es ist nunmehr fehl am Platze sich ständig selbstherrlich als Moral-Instanz aufzuspielen (besonders dann wenn man die Mißachtung der christlichen und jüdischen Wertevorstellungen in Israel unter den Teppich kehrt) sondern es ist eher angezeigt das der Zentralrat mittlerweile alleine das Sprachrohr für die jüdischen Mitbürger ist.

Was die Religionszugehörigkeit betrifft da meine ich das diese vor z.B. Befehlsgewalt, Gesetzen usw. zurücktritt. Insofern stimme ich nicht damit überein zu sagen Juden oder das jüdische Volk hätten...
Vor diesem Hintergrund tritt für mich die eventuelle Frage ob sich die Angehörigen des jüdischen Glaubens nicht auch gleichzeitig als ein Volk begreifen (Versprengte Kinder Israels) als absolut nachrangig in den Hintergrund.


Michael


[ Dieser Beitrag wurde von Michael_Mann am 12.11.2003 editiert. ]

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12.11.2003, 10:37 Uhr

Solar
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Zitat:
Original von Michael_Mann:
c. Man darf die damaligen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ebenfalls nicht vergessen.


Einer der Faktoren der damaligen Zeit waren die Zugeständnisse, die Deutschland nach dem ersten Weltkrieg machen mußte. Das waren neben militärischer Entmachtung und Reparationen von untragbarer Höhe auch die Unterdrückung des Nationalbewußtseins.

Was mit zu den Erfolgen der NSDAP beitrug, die genau das postulierte: Endlich wieder "Deutscher" sein zu dürfen, ohne sich dafür zu schämen.

Vor dem Hintergrund finde ich das ewige "mea culpa, mea maxima culpa" selbst aus dem bürgerlich-konservativen Lager für sehr bedenklich, ja kontraproduktiv.

Siehe Merkel's Kommentar, zitiert in meinem letzten Posting. Zur Wählerschaft der Union gehörten traditionel auch Konservative und Nationalisten bis hin zur Grauzone (bzw. Braunzone) am rechten Rand. Da die inoffizielle Kanzlerkandidatin nun den Status der Deutschen als "die Bösen der Geschichte" postuliert, was werden diese Wähler wohl von der Union halten? Wieviel "Munition" hat man damit Republikanern, DVU und anderen geliefert?

Zitat:
Auf der anderen Seite war allerdings auch die Existenz der KZs bekannt und das dort Dinge geschehen die nicht mit den offiziellen Statements in Einklang zu bringen waren.

(Achtung, Advocatus Diaboli!)

Bekannt? Woher? Mundpropaganda? Während Presse und Rundfunk anderes berichteten, und vor "zersetzenden Elementen" und "feindlich gesinnter Propaganda" warnten?

Selbst die Alliierten waren erst spät von der wahren Natur der KZ's überzeugt.

Und wie hätte man sich informieren sollen? Einen Tag Urlaub nehmen und nach Dachau fahren? Oder im Internet googeln?

Zitat:
Auch war bekannt das Juden (und andere Staatszugehörige) plötzlich verschwanden und nicht wieder auftauchten.

Verbrecher, Verräter, Spione, Verschwörer?

Zitat:
Auch wundert es das solche Filmchen wie "Jud Süß", das Machwerk "Mein Kampf" oder Wochenschauberichte über die Kosten von unheilbar Kranken (mit dem Ziel der Euthanasie) überhaupt von der Bevölkerung konsumiert wurden (einen Kino-, Kauf- oder Lese-Zwang gab es nämlich nicht) und auch durchaus Anklang fand.

Es wurde ein Sündenbock hingestellt, und sowas nimmt die Öffentlichkeit immer gerne an. Man beachte, daß es damals kaum Gegenstimmen gab; Propagandafilme zu schauen war nichts Schlechtes, wurde nicht sanktioniert. Keine kritische Auseinandersetzung in der Presse, oder auch nur in diesem Forum.

Wieviele hier wären mit dem Strom geschwommen, hätten Hohmann klar als Antisemit abgehakt, hätte es exakt diesen Thread nicht gegeben?

Zumindest Maja fiel aus allen Wolken. Und das heute, wo Fakten nur eine Google-Suche weit weg sind, und wir alle (!) von klein auf dazu erzogen wurden, nicht alles zu glauben, was die Medien uns erzählen wollen.

Ups, das waren ja die Medien damals, heute ist ja alles wahr was in der BILD steht...

Zitat:
Wenn man nur diesen Aspekt sieht dann kann man schon mal über den Begriff "Tätervolk" (oder besser über eine Kollektivschuld) nachdenken.

Genau dagegen verwehre ich mich. Dann sind die Amis auch ein Tätervolk; bei denen werden Indianervertreibung, die Internierung japanischstämmiger Bürger im 2. Weltkrieg, Kommunistenverfolgung unter McCarthy etc. bis heute nicht einmal nennenswert thematisiert.

Zitat:
Allerdings muß ich Hohmann widersprechen: Wir Deutsche haben uns nie ums Dritte Reich so gekümmert wie er es schildert (und damit in die Richtung Exculpation geht). Natürlich haben wir finanzielle Wiedergutmachung geleistet aber der Rest wurde totgeschwiegen.

Oh Mann. Ich hatte das Thema "Drittes Reich" mindestens dreimal in ausführlicher Länge im Stundenplan, in Geschichte, Politik, und Sozialwissenschaften.

Bis heute besteht das Fach Geschichte aus den Eckpunkten "Altertum, HRRDN, franz. Revolution, Drittes Reich".

Auschwitz, Dachau, Bergen-Belsen, Zyklon-B, Holocaust, Stauffenberg, Weiße Rose.

Jeder dieser Begriffe bringt doch wohl was zum Klingeln, und die Mehrheit der Deutschen kann doch wohl spontan einen Minivortrag über jeden dieser Begriffe halten. (Hoffe ich...)

Dazu Dutzende Filme, Bücher, Ausstellungen zum Thema.

Zitat:
Was den Zentralrat betrifft: Nun, er sollte mal darüber nachdenken ob die Ewig-Gestrigen in diesem Verein, mit dem steten "alle Deutschen" und dem deutlichen Einmischen in rein staatliche Angelegenheiten, nicht dazu geeignet sind das Geblubbere aus dem braunen Sumpf erst wieder hervorzukochen.

Eine vergleichbare Äußerung war mitverantwortlich für den Fall Möllemanns, wurde als unerhört und antisemitisch angeprangert.

(Möllemann hatte u.a. Herrn Spiegel und Herrn Friedmann mit seiner Haltung für den Antisemitismus mitverantwortlich gemacht.)

Zitat:
Was die Religionszugehörigkeit betrifft da meine ich das diese vor z.B. Befehlsgewalt, Gesetzen usw. zurücktritt. Insofern stimme ich nicht damit überein zu sagen Juden oder das jüdische Volk hätten...

Genauso viel oder wenig wie "das deutsche Volk hat", womit wir wieder am Anfang wären.



[ Dieser Beitrag wurde von Solar am 12.11.2003 editiert. ]

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12.11.2003, 15:19 Uhr

Solar
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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,273640,00.html


Zitat:
Berlin - "Man darf in Deutschland nicht mehr die Wahrheit sagen" - Ein Schild mit diesen Worten befestigte der Recklinghauser CDU-Ratsherr Hans Knoblauch im Schaufenster seines Wahlkreisbüros. Daneben hatte Knoblauch die mit antisemitischen Klischees durchsetzte Rede Hohmanns vom 3. Oktober gehängt. Nun hat auch der nordrhein-westfälische Landesverband der Christdemokraten seinen Antisemitismus-Skandal. Und möglicherweise noch vor seinem Parteifreund Hohmann droht auch Knoblauch jetzt der Ausschluss aus der CDU.

Kommentar erübrigt sich wohl.

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