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21.Nov.2001
CCC-ML


Chaos Computer Club: Eine Zensur findet statt
Nordrhein-westfälischer Provider beginnt mit der Sperrung von Internetseiten

In einer Art vorauseilendem Gehorsam hat zumindest ein Düsseldorfer Internetprovider, die Firma ISIS, den Zugriff auf mehrere Seiten im Internet behindert. Diese Behinderung erfolgte durch eine Änderung des DNS-Eintrages auf dem ISIS-Nameserver. Dem Chaos Computer Club Düsseldorf wurde dieser Zensurversuch gestern bekannt.

Am 13. November fand in Düsseldorf eine Anhörung der Bezirksregierung Düsseldorf statt, zu der u.a. diverse Internet-Provider eingeladen wurden. Auf der Anhörung wurde beraten, mit welchen Mitteln die Provider den Zugriff auf diverse ausländische Web-Seiten unterbinden können [1].

Dabei ging es in erster Linie um Seiten, auf denen rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet wurde, aber auch rotten.com, die sich auf die Sammlung von mehr oder weniger geschmackvollem Bildmaterial aus dem Internet spezialisiert hat, wurde als zensurwürdig erachtet. Rotten.com versteht seine extreme Fotosammlung u.a. von Unfallopfern als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Gut der freien Rede.

Philipp Schulte vom CCC Düsseldorf sagte angesichts des zaghaften Zensurversuches: "Es ist zu vermuten, dass die derzeit noch sehr kurze Liste von anstößigen Web-Seiten in Zukunft stark erweitert wird und auch andere Provider dem Zensur-Vorreiter ISIS folgen werden."

Ein offensichtlicher Work-Around für alle Kunden besteht in der Verwendung anderer Nameserver, z.B. 194.246.96.49 (dns2.denic.de), 194.246.96.25 (dns3.denic.de), 194.25.2.131 (dns02.btx.dtag.de).

Der Chaos Computer Club ist der festen Überzeugung, dass Zensur durch technische Maßnahmen nicht der geeignete Umgang mit mutmaßlich problematischen Inhalten ist. "Die massive Einschränkungen der Bürger in der Ausübung ihrer Meinungsfreiheit ist auf keinen Fall hinzunehmen", ergänzte Jens Ohlig, Sprecher des CCC.

Obwohl die Anhörung der Bezirksregierung in Düsseldorf vom 13.11. nach Aussagen etlicher Beteiligter "ergebnissoffen" ausging, bekommen Kunden der Provider, die im vorauseilenden Gehorsam den Vorstellungen der Bezirksregierung entsprachen, bei Aufruf verschiedener Seiten anstelle der originalen Hinweise ein "Denunziantenformular" wo sie als problematisch empfundene Internetseiten der Bezirksregierung NRW melden sollen [2].

Der Vorstoß der Bezirksregierung Düsseldorf, Internet-Angebot zu filtern und damit im Effekt eine Zensur einführen zu wollen, ist nach Ansicht des Chaos Computer Club ein entscheidender Schritt in die falsche Richtung.

"Anstelle der Einführung von technischen Filtern, deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zumindest fragwürdig und deren technische Durchsetzung ohnehin leicht umgehbar ist, sollten sich Regierungsstellen wie in Düsseldorf lieber darauf konzentrieren, die Herausbildung von Medienkompetenz zu fördern. Wichtiger als technische Maßnahmen, die nicht wirklich funktionieren, sollte die Herausbildung einer gesellschaftlichen Immunität gegenüber Inhalten sein, die als problematisch empfunden werden." ergänzte Club-Sprecher Andy Müller-Maguhn die Stellungnahme des Clubs. [3]

Inwieweit auch andere Unternehmen in NRW den Vorstellungen der Bezirksregierung gefolgt sind, ohne dass sie dazu rechtlich verpflicht wären, wird derzeit überprüft.

Nachtrag 26.11.2001:
ISIS nimmt in einer Pressemitteilung wie folgt Stellung:

Am 22.11.2001 veröffentlichte der Chaos Computer Club, dass bei dem Internetprovider ISIS Zensur in der Form stattfindet (wir berichteten), dass bestimmte Websites gesperrt werden.

ISIS nimmt dazu nun in einer Pressemitteilung Stellung. Lesen Sie im Anschluss die komplette Erklärung:

Rechtsradikale Seiten nach hin und her nun doch gesperrt
ISIS betont neutrale Rolle als Access-Provider / politische Lösung gefordert

Düsseldorf, 22. November 01. Der Düsseldorfer Telekommunikationsanbieter ISIS Multimedia Net GmbH sperrt nun doch bis auf Weiteres die vier vom Präsidenten des Regierungbezirks Düsseldorf Jürgen Büssow aufgelisteten Internetangebote mit vorwiegend rechtsradikalem Inhalt. Nach einem persönlichen Gespräch, dass ISIS-Geschäftsführer Horst Schäfers mit Büssow am Nachmittag führte, entschied sich das Unternehmen zu diesem Schritt. Die schriftliche Aufforderung der Behörde zu dieser Maßnahme wollte ISIS bislang aus einer Reihe von Gründen eigentlich nicht umsetzen. Bereits im Rahmen der öffentlichen Anhörung am 13. November hatte ISIS der Bezirksregierung die Wirkungslosigkeit eines möglichen technischen Eingriffs ausführlich erläutert.

Anfang der Woche habe nun ein ISIS-Techniker dennoch in dieser Richtung experimentiert, ohne eine hausinterne Abstimmung vorzunehmen. Die Folge: Alle Kunden, die die vom Regierungspräsidenten beanstandeten Seiten aufriefen, bekamen die Homepage des Regierungspräsidenten auf den Bildschirm. "Das haben wir nach Bekanntwerden heute morgen umgehend gestoppt", erklärt Schäfers mit Blick auf die mit der Bezirksregierung nicht abgesprochene Verknüpfung. Doch dies habe zur Folge gehabt, dass ISIS in der öffentlichen Wahrnehmung plötzlich als Förderer rechten Gedankenguts da stehe, so Schäfers weiter, obwohl lediglich der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden sei. "Wir Telekommunikationsunternehmen können in so einer Situation machen was wir wollen, wir sind immer die Dummen. Sperren wir, wird Zensur beklagt. Tun wir nichts, fördern wir angeblich den Rech tsradikalismus", beklagt Schäfers. In dieser Zwickmühle habe er sich dafür entschieden, bis auf Weiteres die fragwürdigen Angebotsseiten zu sperren, auch obwohl bekannt sei, dass mit einfachen Veränderungen der Interneteinstellungen durch den Nutzer diese Hürde überwunden werden könne. Schäfers: "Unsere Ablehnung dieser technischen Lösung bleibt bestehen. Sie bietet so viele Hintertüren, dass sich ein solcher Aufwand nicht rechtfertigen lässt."

Schäfers setzt auf den Dialog mit der Bezirksregierung. Bereits im Dezember treffe man sich erneut, um das weitere Vorgehen, an dem alle Provider beteiligt werden müssten, zu erörtern,. ISIS werde dabei verstärkt auf eine politische Lösung dringen.

ISIS engagiert sich im BREKO, dem Bundesverband der regionalen und lokalen Telekommunikationsunternehmen (Bonn) zusammen mit 49 weiteren Mitgliedsunternehmen. Ziel ist die Stärkung des Wettbewerbes im Ortsnetz.

Ansprechpartner:

Thomas Werz
Pressesprecher ISIS Multimedia Net GmbH
Kaistrasse
6, 40221 Düsseldorf
Tel.: 0211 / 85-27609, Fax: 0211 / 85-27610
E-Mail: thomas.werz@isis.de (ps)

[Meldung: 21. Nov. 2001, 15:24] [Kommentare: 17 - 23. Nov. 2001, 09:01]
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