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08.Dez.2003
Libération


Status Quo: Neuer Artikel über die Vorfälle um Pretory von Libération (Update)
Wie bereits Mitte November 2003 berichtet, hat die französische Firma Pretory S.A. in den letzten Monaten viele negative Schlagzeilen hinnehmen müssen. In dem französischsprachigen Journal "Libération" ist bereits am 28. November 2003 ein weiterer Artikel mit dem Titel "Libération: Les bras cassés d'Air France" erschienen, der die Ereignisse in verständlicher Weise zusammenfasst. Aus diesem Grund halten wir im Anschluss dessen eine etwas überarbeitete Babelfish-Übersetzung ins Deutsche für Sie bereit.

Die gebrochenen Arme der Air France

Steuerhinterziehung, zwielichtige Einstellungen, Flucht der Teilhaber, Entlassung des Chefs. Die Methoden von Pretory, deren Aufgabe es ist, die Sicherheit der Flüge von Air France zu gewähren, wecken das Interesse der Justiz.

14. September 2001. Die Bilder der Crashs in die Zwillingstürme laufen in Endlosschleife. Seit zwei Tagen hat die Panik vor Flügen die Flieger geleert. Noch während der ganzen Aufregung ist Air France die erste Gesellschaft, die auf ihren Flügen mitfliegende Sicherheitsbeamte einsetzt. Pretory, eine private Sicherheitsfirma mit amerikanischem Kapital, die derzeit schon für Air France arbeitet, bekommt den Auftrag. Codename dieser neuen Rekruten: "Suraf" für "Surêté Air France" = "Sicherheit Air France". In dunklem Anzug, mit Plastikhandschellen ausgrüstet, besteht ihre Aufgabe darin, in der Businessclass zu sitzen, hinter dem Cockpit, und terroristische Attaken zu verhindern. Sie sind die französischen Vettern der 'sky marshals', die die amerikanische Regierung zur gleichen Zeit massiv einzusetzen verspricht.

Etwas mehr als zwei Jahre danach fällt das Fazit dieser Operation, die die Seriosität von Air France bestätigen sollte, jämmerlich aus. Gegen Pretory läuft seit dem 17. November ein Insolvenzverfahren. Finanziell am Ende, wartet die Firma auf einen Abnehmer... und auf die Folgen der sie betreffenden Justizverfahren. Während anderthalb Jahren, unter dem Deckmantel die Sicherheit der Passagiere von Air France zu gewähren, hat Pretory die unglaubliche Passivität der Firma ausgenutzt, um mit Hilfe der "Suraf" ein System zur Steuerhinterziehung aufzubauen. Heute besuchen die starken Arme (soll wohl starken Männer heißen oder so etwas), die im Jahre 2002 täglich an die 1000 Stunden Flugzeit absolviert haben (nach den USA, Mittlerer Osten, etc...), kaum noch die Flieger. Sie baumeln zwischen Anhörungen und der 'brigade de répression de la délinquance économique' (wörtlich = Brigade zur Repression von Finanzverbrechen) bei der sie einzeln als Zeugen auftreten müssen. Der Gründer von Pretory, Jacques Gaussens wurde gefeuert. Die Haupt-Teilhaber haben sich in die USA verzogen. Dort posieren sie als Opfer und prangern eine Affäre an, "die weit über Pretory hinaus geht".

Söldner und Bodyguards

Pierre (1), zum Bodyguard umgeschulter Ex-Soldat, wurde am 20. September 2001 kontaktiert: "Ein Bekannter hat mich angrufen: Pretory, eine private Gesellschaft, ist eine Gruppe, die die Sicherheit auf Air France Flügen gewährleistet". Die Neuigkeit verbreitete sich schnell im Sicherheitsgewerbe. Der größte Teil der Truppe (die am Höhepunkt der Aktivität aus mehr als 200 Leuten bestand) besteht aus Söldnern, Bodyguards, Ex-Hochleistungssportlern oder einfachen Nachtklubhausmeistern. Pierre absolviert seinen ersten Flug zwei Tage später. Bis heute hat er 2000 Flugstunden bei Air France absolviert. "Am Anfang war da wirklich Angst, ein Post-11-September-Effekt, jeder stand unter Hochspannung. Dann stellte sich aber ziemlich schnell heraus, dass das alles Unsinn war. Wir waren nicht ausgebildet. Wir mussten den Hin- und Rückflug ohne Pause und praktisch ohne Schlaf machen. Manchmal schliefen wir natürlich auf dem Rückflug."

Es dauerte sechs Monate bis die "Surafs" in Zweiergruppen arbeiteten, um sich abzulösen, ein Jahr bevor eine Ausbildung angeboten wurde. Ein anderer "Suraf": "Die Hälfte der Typen waren seriös und kompetent. Aber es gab da auch Hampelmänner, Typen, denen das alles egal war". Ein Ausbilder bestätigt sich "erschrocken" zurückgezogen zu haben: "Einige sprachen kein Französisch." Aber es ist besonders die Bezahlung, die einen stutzig macht. Die Agenten, deren Arbeitszeit die der Piloten übersteigt, arbeiteten manchmal über 200 Stunden im Monat. Aber Pretory zahlt nur 15 Stunden aus. Der Rest wird von einer Ablegerfirma, Navarac, aus dubioser Herkunft, durch eine Überweisung bezahlt.

Pretory hatte bereits seit 1999 für ihre Bodenmissionen für Air France (Gepäck- und Passagierdurchsuchungen, etc.) auf Drittfirmen (Unterhändler?) zurückgegriffen, aber im Falle der "Suraf" nimmt dies eine ganz andere Dimension an. Hinter Navarac, ansässig in Tortola (Antillen), wurden mehrere andere Scheinfirmen gefunden. Pretory stellte Air France die Flugstunde zu ungefähr 30 Euro in Rechnung, um sie dann für 25 Euro an zwei Firmen, Vortex und ATR zu 25 Euro weiterzugeben. Diese Firmen, bei denen man den Namen von Pascal Jumel, Ex-Ermittler der 'brigade de répression du banditisme', verurteilt zu 17 Jahren Haft wegen acht bewaffneten Überfällen, begnügten sich dann damit, die Löhne zu 15 Euro die Stunde auszuzahlen, ohne aber die Spesen zu bezahlen. Wohin ist die Differenz verschwunden? Zu wessen Bereicherung? Das hat so anderthalb Jahre funktioniert. Alleine im Jahre 2002 nähert sich die Summe, die an Vortex, niedergelassen in Guernesey, transferiert wurde, den 7 Millionen Euro. Air France reagiert nicht gleich auf dieses dubiose Geschehen. Joël Cathala, mächtiger und gefürchteter Leiter der Sicherheit bei Air France, kennt die Firma jedoch gut. Er ist hoher Polizeibeamter und war Trauzeuge bei der Hochzeit der Aktionäre von Pretory, Raquel Velasco, ehemalige UTA-Stewardess, und Bill Buck, Ex-Soldat der USA. Diese Nähe zwischen dem Befehlshaber und dem Unterhändler hat den Fluss der Gerüchte über die Bedingungen, unter denen die Sicherheitsaufträge innerhalb der nationalen Fluggesellschaft verteilt werden, nur beflügelt. Lange vor den "Suraf" hat ein interner Bericht von 2000 verlauten lassen, dass die Sicherheitsverwaltung "bestimmte Firmen bevorzugt hat". Darunter Pretory. Im Jahr 2002 beläuft sich der Umsatz der Firma auf mehr als 22 Millionen Euro, zu 80% durch Air France. Seinerseits durch Libération befragt, leugnete Joël Cathala jegliche Bevorzugung.

Man muss bis Dezember 2002 und die Einmischung des Arbeitsamtes warten, bis Air France sich entscheidet, etwas zu unternehmen. Die Firma fordert Pretory auf aufzuräumen. Drei Monate später rollt ein Kopf, der von Jacques Gaussens, dem Gründer von Pretory. Air France schiebt ihm die ganze Verantwortung zu. Auf Seiten der Aktionäre verspricht Bill Buck Pretory eine neue reine Weste. Am 1. April in einem Brief an Jean-Cyril Spinetta, dem Leiter von Air France, räumt Buck "die Existenz eines dubiosen und illegalen Unterhändlerverfahrens" ein, von der er keine Kenntnis gehabt habe, und verspricht "alles zu tun, um ihren Namen weiß zu waschen".

Zwei neue Leiter werden eingestellt und tauchen in "die schwarze Kacke" dieser Affäre ein. Die Unterhändler werden abgeschafft. Gleichzeitig versucht Air France etwas aufzuräumen. "Letzten April hat Air France uns gebeten, die Liste der Agenten auszuhändigen" bestätigt einer der neuen Leiter, "von ungefähr 120 Suraf waren 77 der Firma unbekannt, sie wusste also nicht, wer bei ihnen an Bord war! Nach einer Untersuchung ihres Profils hat die Sicherheitsleitung uns gebeten, dreißig unter ihnen die Flüge zu verbieten." Unter den Agenten hatten einige "Einträge im Strafregister". Dann begann die unglaubliche Revolte des "Klub der 32", die viel über die Amateurhaftigkeit der ganzen Sache aussagte: während eines Monats brachten diese aufgebrachten Suraf den Vorstand von Pretory durcheinander. "Wir wurden bedroht, gestoßen. Und wenn du die Größe dieser Tiere siehst, bekommst du es mit der Angst zu tun", sagte einer der aktuellen Verantwortlichen der Firma aus. Voller Panik riefen die amerikanischen Teilhaber einen "Mittelsmann" der besonderen Art zu Hilfe. Von Mai bis Juni versuchte ein Ex-Legionär (der bewaffnet herumlief) die Gemüter der Aufgebrachten zu beruhigen, während vier kräftige Männer den Vorstandssitz beschützten. Am Ende erhalten einige dieser "Suraf" mehrere Tausend Euro im Tausch für eine Unterschrift, die besagt, dass sie Pretory nicht verklagen wollen.

Eine Steuernachzahlung in Höhe von 4,4 Millionen

Trotzdem scheint der Versuch, Pretory wieder auf die Beine zu bringen, zum Scheitern verurteilt. Das Ende der Unterhändlerei hat die Kosten gesteigert: ab April verliert die Mission "Suraf" Geld. Die Prozeduren, die die Agenten dem Schiedsgericht zum Schlichten gegeben haben, kosten die Firma mehr als 2,2 Millione Euro. Dazu kommen einen Steuernachzahlung von 4,4 Million Euro wegen unzulässiger Rechnungen an Unterhändler. Aus Angst vor leeren Firmenkassen haben die Gewerkschaften gefordert, Einblicke in die Konten zu bekommen. Außerdem beansprucht Air France immer weniger die Dienste von Pretory, da die Präsenz von gepanzerten Cockpittüren (2) die "Präsenz von Suraf immer unnotwendiger macht". Unfähig, die Rechnungen aus anderthalb Jahren krummen Dingern zu begleichen, sinkt Pretory. Ende Juli kratzen die amerikanischen Aktionäre die Kurve. Einem Leiter wurde gesagt: "Wir fahren in die USA in die Ferien. Wir kommen im August zurück." Sie sind bisher nicht nach Frankreich zurückgekehrt. Ganz nebenbei haben Bill Buck und Raquel Velasco, wider ihrer Versprechen vergessen, die 2,5 Million Euro, die an eine Filiale Thendic, die von Raquel Velascos Bruder geleitet wird, transferiert wurden, zurückzuzahlen. Die Gewerkschaften sind empört, da Thendic gerade mit einer deutschen Firma fusioniert hat, um Genesi hervorzubringen, einer Informatikfirma mit Sitz in Luxemburg. Bill Buck leitet diese Firma. Am Tag nach der Ankündigung der Steuernachzahlung gab Bill Buck im Internet den Transfer des Kapitals von Thendic an Genesi bekannt.

Bill Buck wollte nicht auf die Fragen von Libération eingehen. Als Opfer einer "unglaublichen Affäre" posierend, sagt er nur aus, dass von dem Augenblick, als Pretory wieder in Ordung war, er "gegen ein System ankämpfen musste, das ihm nicht erlaubte zu überleben". Pretory hat Zeit bis zum 31. Dezember, um einen Abnehmer zu finden. Über 500 Arbeitnehmer sind bedroht, von denen ein Großteil am Boden arbeitet, manchmal schon von Anfang an dabei, lange bevor die Million Euro der "Mission Suraf" die Firma untergehen ließen. Air France hat sich geweigert, unsere Fragen zu ihrem abtrünnigen Unterhändler zu beantworten.

(1) Der Vorname wurde geändert
(2) Seit 1. November 2003 müssen Luftfahrtgesellschaften die Linienmaschinen mit mehr als 60 Plätzen mit gepanzerten Cockpittüren ausrüsten.

Update (cs, 09.12.2003, 18:10):
In dem mit "Man muss bis Dezember 2002" beginnenden Absatz wurde der sechste Satz ("Am 1. April [...]") nach einem Hinweis von Philippe Bourdin inhaltlich korrigiert. (ps)

[Meldung: 08. Dez. 2003, 22:58] [Kommentare: 118 - 11. Dez. 2003, 23:19]
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