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16.Dez.2022



Adventskalender: Tür 16 - Günter Bartsch
Das 16. Adventskalendertürchen wird geöffnet und wir freuen uns auf eine Anekdote Günter Bartsch.

Ende August 2021 hatte der Entwickler nicht nur den Quellcode seines Amiga QuickBasic (AQB) Compilers auf GitHub, sondern auch eine erste frühe Version 0.7.0 veröffentlicht und in den Kommentaren zu unserer entsprechenden Meldung großes Interesse geweckt.
Mit AQB möchter der Autor ein "modernes, sauberes, OS-konformes und zukunftsfähigen BASIC bereitstellen. Ein wichtiges Feature von AQB sind die Module: AQB hat nur relativ wenige fest eingebaute Befehle, dafür aber ein - auch syntaktisch - recht leistungsfähiges Modulkonzept. Die Implementierung der Module kann dabei voll transparent in BASIC (AQB) oder auch in C (GCC) oder sogar gemischt erfolgen, AQB ist voll link-kompatibel zum GCC.

Wie der Entwickler weiter erläutert, sollte es damit möglich sein, AQB verschiedene "Personalities" zu geben - aktuell sei nur _aqb implementiert, was als Default-Dialekt gedacht ist und sich an AmigaBASIC, QuickBASIC und FreeBASIC orientiere. Es sollte aber ebenso gut möglich sein, AQB z.B. eine GFA-, Blitz- oder Amos Personality zu geben. Generell läge der Fokus bei AQB (momentan) auf der systemkonformen Anwendungsentwicklung.

Mit der Version 0.8.0 führte er dann einen Source Level Debugger ein und seit der letzten, aktuellen Version 0.8.2 gibt es nun Anweisungen und Funktionen für die Soundausgabe, neue Tutorials und auch ein einfaches Musik-Demoprogramm.

Auch wenn seit der letzten Version ein knappes Jahr vergangen ist, so arbeitet Günter kontinuierlich weiter an seinem Projekt. Wie er uns schildert, habe es schon recht große Weiterentwicklungen gegeben, die er "nur" endlich mal in einen releasefähigen Zustand bringen müsste. Dafür und für die weitere Entwicklung seines Projektes drücken wir die Daumen und freuen uns auf noch viele spannende Diskussionen hier darüber. Seine Anekdote oder in diesem Fall besser gesagt: Kurzgeschichte :)

"Wir schreiben das Jahr 1988. Zu Beginn des Jahres war ein Ereignis eingetreten, das mein Leben für immer verändern sollte: ich hatte einen Amiga 500 zum Geburtstag bekommen. Seit der Amiga im Fernsehen in einer Folge der ARD Computerzeit vorgestellt worden war wusste ich: so einen Computer will ich haben und keinen anderen. Gleichzeitig waren damals (ich war 12) meine finanziellen Möglichkeiten sehr begrenzt - aber irgendwann hatte ich meine Eltern so weit bearbeitet, dass sie mir meinen Wunsch erfüllten.

Getragen von viel Euphorie und noch mehr kindlicher Naivität und Neugier hatte ich nun jede freie Minute (und auch viele Minuten, in denen ich eigentlich andere Dinge hätte tun sollen) des Jahres damit verbracht, mich mit diesem Traumcomputer (ich konnte eigentlich immer noch nicht so recht fassen, dass dieser nun tatsächlich in meinem Zimmer steht) zu beschäftigen. Viele würden sich nun vermutlich ausmalen, dass ich vor allem mit dem Amiga spielen wollte - das war aber nicht der Fall. Tatsächlich besaß ich gar keine Spiele für das Gerät und als echter Geek ohne Freunde war auch die Versuchung, durch private Sicherheitskopien in die Spielewelt abzudriften, eher gering.

Stattdessen tat ich mit dem neuen Computer das, was ich auch mit meinem Commodore Plus/4, den ich vor dem Amiga hatte - ebenso in Ermangelung von anderer Software - getan hatte: ich programmierte in BASIC. Auf dem Amiga hieß das konkret AmigaBASIC, das auf der Extras-Diskette mitgeliefert worden war.

Trotz aller Euphorie kamen mir doch recht bald Zweifel, ob dieses Werkzeug wirklich so ganz das gelbe vom Ei sein kann. Die Ausführungsgeschwindigkeit der Programme war verglichen mit meinem Plus/4 vielleicht noch OK, aber vor allem der Editor war doch enorm träge. Das waren aber Gedanken, die ich erst einmal nie auszusprechen gewagt hätte - schließlich war der Amiga der beste und schnellste Computer im gesamten Universum und AmigaBASIC war das offizielle BASIC, das direkt von Commodore kam, also der Firma, in der (in meinem Weltbild) jene Götter wirkten, die diesen Traumcomputer geschaffen hatten - wie könnte es da etwas besseres geben?

Glücklicherweise kam ich dann aber in den Besitz einer Ausgabe des Amiga Magazins. Auch wenn ich sicher nicht alle Artikel darin verstand so hatte ich doch entnommen, dass es andere Programmierumgebungen für den Amiga gibt, die möglicherweise eine Verbesserung gegenüber dem AmigaBASIC darstellen könnten.

Und so kam es, dass ich zusammen mit meiner Mutter nun durch die vorweihnachtlich dekorierte Innenstadt von Stuttgart stapfte, um Kaufhäuser und Computerläden nach einem Weihnachtsgeschenk abzuklappern. Ich schilderte also diversen Verkäuferinnen und Verkäufern meinen Kummer mit dem AmigaBASIC und fragte mutig nach Compilern und Assemblern. Mit den letzten beiden Begriffen konnte das Personal meist wenig anfangen, aber immerhin kannte man zumindest in zwei Geschäften das Problem mit dem AmigaBASIC und bot jeweils das im Haus favorisierte Produkt dafür an. An dem "True Basic", das mir in der Computerabteilung von Karstadt angeboten wurde, kamen mir dann glücklicherweise doch vor Ort genug Zweifel, als das ich meine Mutter motivierte, es doch nochmal woanders zu versuchen. Bei Schreiber Computer dann wurde mir "GFA BASIC" angeboten und der Verkäuferin gelang es tatsächlich, sowohl meine Mutter als Geldgeberin als auch mich als Nutzer zu überzeugen.

Verglichen mit AmigaBASIC erwies sich GFA BASIC dann auch geradezu als Offenbarung - Geschwindigkeit, Befehlsumfang, Handbuch alles ein Unterschied wie Tag und Nacht, ich war begeistert! Wenn es da noch letzte Zweifel in mir gab, ob diese Investition nun die richtige war (die Aufschrift "Interpreter" auf der Schachtel störte mich schon ein bisschen, wollte ich doch einen Compiler haben), so wurden diese spätestens an Tag zerstreut, als mir ein Exemplar des "Sonderheft 3: Basic und Spiele" des Amiga Magazins in die Hände fiel. Darin fand sich ein Artikel, der verschiedene BASIC Implementierungen auf dem Amiga verglich und in dem GFA BASIC sehr gut abschnitt.

Die ersten Wochen mit GFA BASIC waren dann auch sehr produktiv - die vielen kleinen Beispielprogramme aus dem Handbuch funktionierten gut, ein kleiner Vokabeltrainer war ebenso schnell umgesetzt wie auch diverse kleine Grafik- und Soundexperimente.

Entsprechend fühlte ich mich gut gerüstet und noch mehr motiviert, nun größere Projekte anzugehen. Unter anderem ein Malprogramm sollte es sein, quasi ein DeluxePaint Clone in BASIC (ich hatte ja nun eine tolle Programmierumgebung, also brauchte ich keine Software mehr kaufen, ich konnte mir ja alles selber schreiben - so mein Gedanke). Die Anfänge dieser Projekte waren immer schnell gemacht, erste Erfolge stellten sich ein - Screens und Fenster öffnen und mit der Maus Punkte malen, kein Problem.

Jedoch, mit wachsender Programmgröße stellte sich auch eine wachsende Zahl von Bugs ein - nicht weiter verwunderlich, das wusste ich sogar damals schon. Allerdings erwiesen sich diese Fehler als immer schwieriger zu finden:
Programmfunktionen, die eben noch tadellos funktionierten, wollten nun auf einmal nicht mehr, obwohl der betreffende Code derselbe war. Ja, selbst die eingebauten Befehle des Interpreters taten gelegentlich auf einmal nicht mehr so, wie ich angenommen hatte. Ich debuggte tiefer und tiefer, schrieb kleine Testprogramme - die meist problemlos funktionierten - aber sobald ich den Code zurück in mein großes Programm übernahm, verhielt er sich plötzlich ganz anders oder stürzte gleich komplett ab.

Freilich ließ ich mich davon nicht beirren - offenbar gab es einfach viel zu lernen für mich, offenbar machte ich halt immer wieder irgendwas falsch und deswegen funktionierten meine Programme nicht. Schnell wurde mir klar, dass die Befehle offenbar miteinander in komplexer Weise interagierten - mit dieser Erkenntnis konnte ich dann auch viele meiner Probleme beheben. "Aha, ich muss erst die Vordergrund und dann die Hintergrundfarbe setzen, dann funktioniert es" - so in der Art sahen meine Erkenntnisse, die ich mir fleißig in's Handbuch notierte, dann aus.

Mit der Zeit wurden meine Hypothesen, mit denen ich mir das Verhalten des Interpreters im speziellen und des Amigas im allgemeinen zu erklären versuchte, immer komplexer. Offenbar gab es da einen enormen Schatz an Geheimwissen zu entdecken, wie diese Wundermaschinen tatsächlich funktionierten. Logisch, dass dieses Geheimwissen nicht im Handbuch zu finden war, sondern sich nur mühsam durch viele Experimente und aus vielen Quellen zusammentragen lässt. Ich ließ mich nicht entmutigen - ganz im Gegenteil, ich war fasziniert von dem Gedanken, dass es da offenbar eine mystische Welt zu erkunden gibt und motiviert von der Vorstellung, mich vielleicht irgendwann zu dem verschwiegenen Kreis der Menschen, die dieses Wissen besitzen, dazuzählen zu können.

Völlig unbeirrt experimentierte ich also weiter und zog auch immer mehr Literatur zur Rate. "GFA BASIC 3.0 - Training für Fortgeschrittene" war eines der Werke, von denen ich mir Erleuchtung erhoffte. Das Buch - immerhin direkt von der GFA Systemtechnik GmbH herausgegeben - eröffnete mir tatsächlich neue Horizonte. Manche der Konstrukte hatte ich noch nie gesehen, von manchen der Befehle noch nie gehört - dass die meisten der Beispielprogramme auf der Diskette zum Buch bei mir erst mal unmodifiziert nicht funktionierten erstaunte mich nicht im geringsten. Zum einen hatten die Programme, die ich vorher aus Büchern und Zeitschriften abgetippt hatte auch meist auf Anhieb nicht funktioniert, zum anderen konnte ich ja mein bis dahin zusammengetragenes Geheimwissen dazu verwenden, die Programme an's Laufen zu bringen - was mir tatsächlich auch meistens gelang.

Trotz all dieser Teilerfolge und Erkenntnisse - so ein richtiger Durchbruch wollte mir einfach nicht gelingen. Meine größeren Programmen blieben eher wackelige Gebilde und so ganz langsam stellte sich ein Gefühl von Frustration ein.

Bei meiner Literaturrecherche bin ich dann irgendwann auf das Buch "AMIGA Programmieren mit MODULA-2" aus dem Markt und Technik Verlag gestoßen. Den passenden Compiler dazu gab es - wenn auch nur als sehr eingeschränkte Demo-Version - auf einer Fish Disk. Das war dann wieder so ein Offenbarungs-Moment: ein echter Compiler, ich kann richtige Programme schreiben wie die Profis - und die funktionierten sogar! Alles so klar und strukturiert, alles tut was es soll, einfach so, wie es da steht? Sollte sowas möglich sein, sollte da eine Welt so ganz ohne mystisches Geheimwissen existieren?

An dem Punkt war dann GFA BASIC recht schnell vergessen in meinem Leben - die Wirthschen Sprachen hatten es mir angetan, die kommenden Jahre sollte ich glücklich mit Modula-2, Pascal und Oberon verbringen, aber das ist eine andere Geschichte.

Es war dann eher durch Zufall, dass ich irgendwann in dieser Zeit herausgefunden hatte, was hinter meinen Erlebnissen mit GFA BASIC steckte:
in irgendeinem Zeitschriftenartikel wurde GFA BASIC 3.5 getestet und eher beiläufig erwähnt, dass die ersten Versionen von GFA BASIC für den Amiga noch sehr viele Fehler hatten, sich der Zustand aber mit jedem Update gebessert hätte. GFA BASIC hatte Fehler?! Dieses Produkt, das ich gegen Geld erworben hatte, das so sauber verpackt und von absoluten Profis gemacht worden war, war nicht perfekt? Diese vielen Effekte, die ich so mühsam erkundet hatte, sollten die etwa gar nicht beabsichtigt gewesen sein?

Ich kann kaum in Worte fassen, wie die Dimension dieser Erkenntnisse mir langsam dämmerte: Ich hatte einfach nie in Erwägung gezogen, dass die Fehler nicht an mir liegen könnten! Mehr noch, vermutlich war der einzige Fehler, den ich gemacht hatte war, dass ich diese Registrierkarte die der Box bei lag nie ausgefüllt und zurückgeschickt hatte - so habe ich nie von den Updates erfahren.

Nunja, heute denke ich gerne schmunzelnd an diese Zeit damals zurück - es waren sehr wichtige Lektionen, die ich damals gelernt habe, viel davon prägt mich noch heute. Ohne den Amiga, ohne diese Programmierumgebungen - ich wäre wohl nie da hingekommen, wo ich heute bin, dafür bin ich sehr dankbar." (dr)

[Meldung: 16. Dez. 2022, 06:51] [Kommentare: 3 - 16. Dez. 2022, 20:18]
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